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Nachdem sich die erste Euphorie über Möglichkeiten der Anwendung „ChatGPT‘“ der Firma OpenAI gelegt hat und jeder ein wenig mit ihr hat experimentieren können, stellen sich vermehrt Menschen die Frage nach ihren eigenen Zukunftsperspektiven. Wenn man sieht, was die Technologie heute schon zu leisten im Stande ist, kann man sich leicht ausrechnen, wie es in ein paar Jahren aussehen wird. Nicht nur in Bereichen wie „Marketing“, „Ton- und Bildbearbeitung“, „Übersetzung“ oder „Datenverarbeitung“ können heutige Systeme schon in vielerlei Hinsicht mit menschlichen Erzeugnissen mithalten, es sind alle Bereiche betroffen, in denen Texte erstellt werden: Medien, das Verfassen von Angeboten, Dokumentationen, Verträge, juristische Schriftsätze, Artikel in Zeitungen und Zeitschriften, Sachtexte und Unterhaltungsliteratur, vom Roman über das Drehbuch bis hin zum fertigen Film.

Schon heute wissen wir nicht, ob und wie weit die Medien, die wir konsumieren, von Menschen erstellt wurden. Wenn ein Autor einen Text ganz oder zum Teil maschinell erstellt oder auch nur bei der Recherche die Hilfe künstlicher Intelligenz beansprucht, das bekommen wir nicht mit. Ebenso könnte ein fremder Text bloß automatisch umformuliert werden und niemand erfährt es. Der Vorstellung, auch künstlichen Erzeugnissen läge ein menschlicher Urheber zugrunde, den man mit aufwändigen Algorithmen sichtbar machen könne, liegt ein verkürztes Verständnis der Arbeitsweise neuronaler Netzwerke zugrunde. Zwar gibt es Portale wie „phind.com“, die umgangssprachlich zu bedienen sind und die ihre Ergebnisse tatsächlich mit Quellen anbieten, aber hier handelt es sich letztlich bloß um stark erweiterte Suchmaschinen im herkömmlichen Design.

Vom Wesen der KI

Ein „echtes“ neuronales Netzwerk, welches auf die Erstellung von Texten und menschliche Kommunikation ausgelegt ist, hat keine eindeutige Zuordnung zur Quelle, da assoziativ unterschiedliche Informationen verwendet werden und das Erzeugnis auf Anfrage mit einer Vielzahl an Parametern generiert wird. Wie bei einem Menschen, erhält man so auf gleiche Fragen immer wieder unterschiedliche Antworten, sowohl inhaltlich, als auch die Formulierung betreffend. Da die künstlichen Knoten durch Prägung ständig verändert werden, sich Schwellwerte anpassen und das System durch Feedback lernt, besteht keine Möglichkeit, bei jedem Impuls zu hinterlegen, woher er kommt und wie stark er im Kontext einer bestimmten Anfrage gewichtet wird. Vermutlich würde eine solche Quellenangabe pro Anfrage Bücher füllen.

Trotz der Komplexität und der Individualität dieser künstlich generieten Auskünfte sollte das Verhalten solcher Systeme nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier keine Person im herkömmlichen Sinn vorhanden ist. Man kann den ChatGPT, da er als Lösung im Quellcode vorliegt, in der eigenen Infrastruktur installieren, ohne die Befürchtung haben zu müssen, hier ein neues Bewusstsein erschaffen zu haben. Das Ausschalten des Servers kommt keiner Tötung gleich, das Einschalten keiner Geburt. Und auch die Kopie einer solchen Software erschafft kein eigenständiges, intelligentes Wesen. Deutlich wird das vermutlich für viele am Begriff des „Erlebens“. Keine künstliche Intelligenz verfügt über ein eigenständiges Erleben, was im strengen Sinn kein Mangel ist, denn die Art, wie eine Maschine in der Welt ist, hat wenig mit Leben zu tun, auch wenn sie für den Außenstehenden in ihrer Kommunikationsstruktur lebendig wirkt.

Worüber wir reden sollten

Eine sinnvolle Diskussion, der wir uns Gesellschaftlich stellen sollten, wird darum weniger das „Was“ der Maschine zum Thema haben, als das „Wie“. Ob es sich bei einer künstlichen Intelligenz um eine sogenannte „Starke KI“, also letztlich um eine Art eigenständige Persönlichkeit handelt, oder ob man es mit einer zweckgebundenen „Schwachen KI“ zu tun hat, ist für die praktische Entwicklung von untergeordneter Bedeutung. Es reicht völlig aus, wenn eine Software in ihrem Gebiet die kognitive und kreative Leistung menschlicher Fähigkeiten erreicht oder gar überbietet. Wenn menschliche Erzeugnisse nicht von künstlich generierten Produkten zu unterscheiden sind, bzw. wenn sich die menschliche Arbeit angesichts des maschinell Hervorgebrachten nicht lohnt, spätestens dann stellt sich die Frage, welche Motivation und welches Ziel einem menschlichen Schaffen zukünftig noch zugrunde liegen wird.

Bei physikalischen Erzeugnissen haben wir in den letzten Jahrzehnten immer mehr erfahren, dass Maschinen uns die harte Arbeit abnehmen. Im Kognitiven und im Kreativen hielten wir uns bisher aber immer noch für unangefochten. Wenn sich das ändert, fällt ein weiterer sinnstiftender Raum, ein Ort der Selbstbestätigung und Ankerpunkt menschlichen Selbstverständnisses. Das Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmung wurzelt vor allem in der Vorstellung, Herr der eigenen Geschicke zu sein, im Konkurrenzkampf eine produktive Nische zu finden, aus der heraus man sich den Wirrungen der Welt stellen kann um einzeln oder in Gemeinschaft weiter zu kommen. Nimmt einem die Maschine alles ab, versorgt sie einen gar rundherum, dann fällt die Motivation weg, sich um sein Leben selbst zu kümmern und man gerät in eine Abhängigkeit, der zu entgehen die große zukünftige Aufgabe sein wird.

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